Ich habe es versucht und nicht gegründet – und genau das war mein größter Erfolg
2014 war ich frisch aus der Ausbildung zur Mediengestalterin raus. Voller Tatendrang, aber ohne festen Job. Ich war unzufrieden mit meinem Berufsstart und überlegte: Vielleicht ist es an der Zeit, mein eigenes Ding zu machen? Schließlich komme ich aus einer Unternehmerfamilie, Selbstständigkeit war für mich kein Fremdwort.
Ich ging die Sache ernsthaft an. Ich sprach mit dem Arbeitsamt, mit der IHK, plante, rechnete und bereitete vor. Mein Name stand sogar schon: ANGELICE – DESIGN SOLUTIONS. Doch dann kam der Moment der Entscheidung und ich sagte: Nein.
Warum ich nicht gegründet habe?
Weil ich tief in mir spürte, dass ich noch nicht so weit war. Auf dem Papier hätte ich starten können. Aber in der Praxis fehlte mir Erfahrung, Weitsicht und das Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten. Ich war 21, voller Ideen, aber eben auch unsicher. Also habe ich mich für den „Umweg“ entschieden: zurück in die Festanstellung.
Acht Jahre Erfahrung später…
…habe ich unfassbar viel gelernt. Ich habe in Agenturen gearbeitet, beim größten deutschen Telefonbuchverlag und in einer Druckerei. Ich habe mich weitergebildet zur Webdesignerin und Multimedia-Assistentin, Projekte in allen Größenordnungen umgesetzt und mit den unterschiedlichsten Menschen zusammengearbeitet.
Kurz: Ich habe mir ein Fundament aufgebaut, das mir heute keiner mehr nehmen kann.
Rückblickend bin ich dankbar, dass ich 2014 nicht gegründet habe. Hätte ich es getan, wäre ich ins kalte Wasser gesprungen. Ich hätte vieles auf die harte Tour lernen müssen. Stattdessen konnte ich über die Jahre Erfahrungen sammeln, die mich zu der Unternehmerin gemacht haben, die ich heute bin.
Als ich dann im Januar 2023 tatsächlich gegründet habe, war ich vorbereitet. Ich wusste, was ich kann, was ich will – und was eben auch nicht.
Manchmal ist nicht der richtige Zeitpunkt, auch wenn es sich so anfühlt, als müsste es jetzt sofort sein. Und das ist okay. Dein Weg läuft nicht davon. Manchmal ist das größte Learning, innezuhalten und zu vertrauen, dass sich die Dinge so fügen, wie sie sollen. Nicht-Gründen kann genauso ein Erfolg sein wie Gründen. Denn es bedeutet, dass du ehrlich mit dir bist.
Wenn du gerade über deine Selbstständigkeit nachdenkst, dir aber unsicher bist, dann nimm diesen Gedanken mit: Vielleicht fehlt dir noch ein Baustein. Vielleicht brauchst du noch ein paar Erfahrungen oder das richtige Netzwerk. Und wenn die Zeit reif ist, wirst du es spüren.
Ich weiß heute: Meine Entscheidung von damals hat mir den Weg bereitet. Und genau deshalb war mein Nicht-Gründen mein größter Erfolg.